Frau Holle

Frau Holle

(frei nach den Grimm Brothers)

Eine Witwe, die nannte zwei Töchter ihr Kind,
die eine war hässlich und launisch wie Wind,
die andere schön, wie der Sonnenschein
und gut, doch die sollte ihr Tochter nicht sein.

Die launische Tochter ward immer belohnt,
die ward von Arbeit und Last stets verschont.
Der Guten aber, ward täglich befohlen:
„Los Mädchen hol Wasser und schüre die Kohlen!"

Auch musste das Mädchen immerzu spinnen,
am Morgen schon tat sie die Arbeit beginnen.
Mit blutigen Fingern am Brunnen sie saß,
wo am Spinnrad sie oft ihren Kummer vergaß.

Eines Tages das Schicksal trieb törrichtes Spiel,
ihr, die blutige Spule in den Brunnen fiel.
Als die Mutter sie schimpfte und wütend sie schalt,
sprang sie in den Brunnen zu holen sie bald.

Und als sie so taucht in die Feuchte der Flut,
da ward alles hell und da ward alles gut.
Sie stand plötzlich da, auf blühender Weide,
gewichen der Kummer im stetigen Leide.

Entstiegen der Sorge, steigt ihr nun ein Duft
von frischem Backwerk durch würzige Luft.
Von Weitem sie schon einen Ofen erkennt,
wo freudig und fauchend ein Feuer noch brennt.

Ach zieh uns heraus, so flüstert das Brot,
errette uns Mädchen aus glühender Not.
Wir sind wohl längst durch, gar fertig gebacken,
die kannst uns gleich auf den Mittagstisch packen!"

Das Mädchen hat Ehrfurcht und holt es gleich raus
das Brot duftend herrlich und sieht köstlich aus.
Da klingt schon ein Stimmchen, man hörte es kaum,
es dringt von dem uralten Apfelbaum.

Nun rüttel und schüttel mir selig den Stamm
und sammel die herrlichen Äpfel zusamm´.
Beeile dich Schöne und sei nicht so steif,
du siehst ja die Äpfel sind allesamt reif!"

Und wieder hat das Mädchen die Arbeit gemacht,
das Obst fällt vom Baume in wohliger Pracht.
Im Korb sich befindet bald schon all´ das Obst.
„Ach Mädchen, wie fleißig du rackerst und tobst!"

Und als das Tagwerk so rasch schon geschehen,
da kann das Mädchen ein Häuschen nun sehen.
Dort winkt ihr gar freudig eine Alte nun zu,
das Mädchen es sehnt sich nach Schlaf und nach Ruh´.

Die Alte begrüßt sie im freundlichen Schein,
ihr Haus soll dem Mädchen nun Heimstätte sein.
Auch Beschäftigung gäb´ es, die Betten zu machen
um dabei den Zauber des Winters entfachen.

Frau Holle so heiß ich, so flüstert die Frau
und schüttel die Betten, so mach es genau.
So schüttel die Kissen, den herrlichen Flaum,
schon rieselt zur Erde, der Schnee wie ein Traum!"

Das Mädchen mit Freuden die Arbeit nun macht,
es schneit viele Tage im himmlischer Pracht.
Frau Holle das Mädchen mit Lob stets belohnt,
mit Herzlichkeit, die ihr im Herzen wohl wohnt.

So hat ach die Schöne nun seligste Zeit,
kein Kummer, kein Ärger und keinerlei Leid.
Und trotzdem spürt sie das Heimweh oft nagen,
den Wunsch sich endlich nach Hause zu wagen.

Frau Holle ist gütig und kann sie verstehen,
doch soll sie mit kostbarsten Gaben nur gehen.
So führt sie das Mädchen nun unter ein Tor
und flüstert die freundlichsten Wünsche hervor.

Auch reicht sie die Spule dem fleißigen Geist,
der freundlich und willig, wie immer zumeist
Nun regnet es Gold auf die Schöne hernieder,
dann hat sie die Heimat, die Welt endlich wieder.

Der Hahn auf dem Mist vor Freude gleich schrie:
„Die goldene Jungfer, die ist wieder hie.
Und schöner ist sie, als sie es je war,
dabei ist vergangen kaum gerade ein Jahr!"

Bald sieht auch die Schwester das güldene Kleid,
platzt beinah´ vor Bosheit und platzt fast vor Neid.
Und wie sie die schönen Geschichten so hört,
sie Gleiches zu holen, der Mutter nun schwört.

Auch redet die Mutter ihr innig wohl ein,
sie könnte noch reicher und kostbarer sein.
So springt auch die Zweite der Spule nun nach,
wo wieder der Zauber, dem Wunder entsprach.

Nun steht auch die Schwester auf blühender Weide
und trägt wohl ihr Kleid aus Samt und aus Seide,
sich nun all das Gold und den Ruhme zu holen,
wie es ihr, die eigene Mutter befohlen.

Und wieder ruft´s Brot, das fertig gebacken,
das Mädchen soll es auf den Tische nur packen.
Doch ziert die sich, möchte ihr Kleid nicht beflecken,
die Hände mit Asche und Ruß sich bedecken.

Und wieder ruft´s Stimmchen mit leidigem Tönen,
es sollte den Baum nun mit Schütteln verwöhnen,
zu ernten die Apfel, die Schönsten von allen,
das sie nun begehrlich von Zweige hier fallen.

Doch mag sich das Mädchen auch hier nicht recht mühen,
der Baum, der wird sicher auch nächstes Jahr blühen.
Auch könnte manch Apfel, auf´s Köpfchen ihr schlagen
und sie müsste dann all die Schmerz ertragen.

Bald traf sie auf´s Häuschen, der alten Frau Holle,
die strickte im Garten sich Strümpfe aus Wolle.
Und als das Mächen um Arbeit gleich bat,
da hatte Frau Holle das eine parat:

Frau Holle, so heiß ich, so flüstert die Frau
und schüttel die Betten, so mach es genau.
So schüttel die Kissen, den herrlichen Flaum,
schon rieselt zur Erde, der Schnee wie imTraum!"

Doch war die Schwester nur mürrisch und faul,
und störrisch zudem, beinah´ wie ein Gaul.
So ward der Winter bald kläglich, manch´ Jahr,
weil´s Mädchen nie fleißig beim Bett machen war.

Und als dann die Zeit gekommen schien,
nun unter das goldene Tor wohl zu zieh´n,
da trieb sie Frau Holle mit mächtigem Ton,
dass sie nun bezahle gerecht ihr den Lohn.

Frau Holle, die flüstert manch heimliches Wort,
statt Gold fällt nun Pech und stinkend Abort.
Das Mädchen steht wieder wo Heimat ihr ist
und wieder stapft auch der Hahn auf dem Mist.

Und mit freudigem Krähen er lauthals gleich schrie:
„Die faule Pechmarie, die ist wieder hie.
Viel häßlicher noch, als sie es je war,
dabei ist vergangen kaum gerade ein Jahr!"

Und was sagt sie aus, die Moral der Geschicht´,
ohne Fleiß gibt es oft die Taler auch nicht.
Wer faul ist im Leben, wird selten belohnt,
selbst dort wo die gute Frau Holle gewohnt!


© Hansjürgen Katzer, Januar 2012








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