Kapitel 17

17. Emil und Raane Bartenbiel

Gegen Abend des nächsten Tages hatten Knollennase und Munkelpietz gemeinsam mit ihren Esel eine Anhöhe erreicht.

,,Wenn wir über diesen Berg gekommen sind, dann dauert es nur noch eine Stunde und wir haben das Ziel unserer langen Reise erreicht,“ rief Knollennase vergnügt aus.

Und tatsächlich in einiger Entfernung konnte man schon ein wunderbares, kleines, weiß gestrichenes Häuschen erkennen, das vor einem mächtigen Felsen stand. Die vier beschleunigten ihre Schritte und als die ersten Sterne am nächtlichen Himmel zu sehen waren hatten sie das Haus der Bartenbiels erreicht. Knollennase klopfte an die Tür und diese wurde aufgemacht. Zwei alte, bärtige Zwerge mit gelben Zipfelmützen erschienen und fielen aus allen Wolken als sie den Zwerg Knollennase erkannten.

Ach war das eine freudige Begrüßung und auch Eugen Balduin Munkelpietz wurde herzlichst willkommen geheißen. Nachdem die Esel versorgt worden waren nahm man in der guten Stube der Bartenbiels Platz und plauderte bei Bier und leckerem Schweinegulasch über die alten Zeiten.

Bartenbiels konnten sich nicht an Eugen Balduin Munkelpietz erinnern, aber Emil Bartenbiel glaubte dessen Vater gekannt zu haben. Der Wichtel war ein wenig enttäuscht, denn ihm waren Raane und Emil Bartenbiel noch wohlbekannt. Emil und Raane Bartenbiel erzählten ihren Gästen, daß sie seit nunmehr fast fünfundzwanzig Jahren hier in der Nähe des Teufelsberges lebten. Sie hatten hier in der Nähe des großen Felsens Gold entdeckt und später dann unterhalb des Gesteins damit begonnen ein ausgeklügeltes Schachtsystem zu graben um noch mehr Gold zu finden. Im Laufe der Jahre waren sie durch das Gold wohlhabend geworden und es mangelte ihnen an nichts. Sie tranken noch ein Bier und Knollennase nahm noch einen Nachschlag von dem köstlichen Gulasch. Als er fertig gegessen hatte, ergriff er das Wort.

,,Ich hoffe ich werde euch jetzt nicht zu sehr erschrecken, sagte er und seine Stimme klang ein wenig ernster. Aber ich muss es euch sagen, das uns auf unserer Reise Gork begegnet ist und das er uns töten wollte!“

Dann erzählte er den Bartenbiels alles über die abenteuerliche Reise, die ihn und den Wichtel Munkelpietz schließlich zu ihnen geführt hatte. Raane Bartenbiel hatte sich während Knollennases Erzählung immer wieder dicke Schweißtropfen von der Stirn gewischt.

,,Es ist also nicht sicher, daß er tot ist!“ sagte er als Knollennase seine Erzählungen beendet hatte.

,,Nein, das ist keineswegs sicher und wir sollten sehr auf der Hut sein!“ mischte sich nun Munkelpietz in das Gespräch ein.
Emil Bartenbiel schüttelte den Kopf.

,,Ich habe es immer gewusst, irgendwann wird er uns entdecken. Ihr habt ihn direkt zu uns geführt!“

Raane Bartenbiel widersprach seinem Bruder und meinte das Gork sie auch ohne das Zutun der beiden Freunde irgendwann, eines Tages entdeckt hätte.
Betrübt wollte man schlafen gehen, aber Emil Bartenbiel bestand darauf das während der Nacht, Wache gehalten wurde. Raane Bartenbiel sollte den Anfang machen. Ihm sollte Knollennase folgen, danach käme er selbst und schließlich Eugen Balduin Munkelpietz an die Reihe. So geschah es dann auch.

Um drei Uhr morgens begann die Wache des Wichtelmännchens. Er war furchtbar müde, denn er war gerade erst eingeschlafen, als Emil Bartenbiel ihn wieder geweckt hatte. Nun stand er vor einem Fenster und schaute in die dunkle Nacht. Plötzlich glaubte er etwas gehört zu haben und er schlich auf leisen Sohlen aus dem Haus. Aber er hatte sich scheinbar getäuscht, denn hier war alles ruhig und friedlich. So setzte er sich auf eine Treppenstufe, stütze sein Gesicht in seine Hände und wartete bis die Sonne am Morgen blutrot aufging. Er stand erst auf, als ihn Raane Bartenbiel ins Haus rief, damit er frühstücken konnte.

Emil Bartenbiel war sehr erfreut darüber, daß die Nacht so gut verlaufen war. Vielleicht waren all seine Befürchtungen ja unbegründet gewesen. Aber Knollennase traute dem Frieden nicht.

„Ich werde mich nachher einmal umschauen,“ sagte er.

So kam es, daß Knollennase, Raane Bartenbiel und Munkelpietz bis zum späten Nachmittag die Umgebung durchstreiften um irgendwelche Hinweise auf Gorks Anwesenheit zu entdecken. Aber sie fanden nichts. Gegen Abend saßen sie wieder beieinander und ihre Stimmung besserte sich zusehends.

,,Heute Abend gibt es zur Feier des Tages Buchweizenpfannkuchen, mit viel süßer Marmelade, so wie wir ihn damals immer im Teufelswald gegessen haben,“ sagte Emil Bartenbiel und wartete auf Zustimmung.

Munkelpietz lief das Wasser im Munde zusammen, aber eine wichtige Frage hatte er noch.

,,Könntet ihr euch vorstellen mit mir und Knollennase in den Teufelswald zurück zukehren?“

Emil Bartenbiel überlegte und schüttelte dann den Kopf.

,,Nein, uns geht es doch sehr gut hier. Wir wollen hier bleiben, oder was sagst du Bruder?“

Raane Bartenbiel nickte nur und Eugen Balduin Munkelpietz wurde sehr traurig. Nun war sein ganzes, schönes Vorhaben geplatzt. Nie mehr würde die Gemeinschaft der Zwerge und Wichtelmännchen wieder zusammen im Teufelswald leben, Seine ganze anstrengende Reise war umsonst gewesen.

Gork war nun ganz in ihrer Nähe. Er konnte ihr Treiben in seiner Glaskugel deutlich verfolgen. Im Schutze der Nacht wollte er mit seinen Trollen angreifen und die drei Zwerge und das Wichtelmännchen gefangen nehmen. Er war sich seiner Sache völlig sicher. Die Vier hatten keine Möglichkeit mehr zur Flucht. Noch einmal ließ er die Anführer der Trolle zu sich kommen um die Sache mit ihnen zu erörtern.

,,Haha, es ist mir egal, aber wenn es geht bringt sie mir lebendig. Denn ich will ihnen noch ein wenig Leid zufügen, für all die Qualen, die sie mir angetan haben.“

Munkelpietz war nicht nur traurig sondern auch furchtbar müde und so verzichtete er auf das Abendbrot und ging früh schlafen. Knollennase und die beiden Bartenbiels aber, feierten noch ausgiebig ihr Wiedersehen. Raane Bartenbiel spielte auf einer Harfe und Knollennase begleitete ihn auf seiner Mundharmonika. Emil Bartenbiel tanzte dazu und sie waren ausgelassener Stimmung.

Später fragte Raane Knollennase, ob Munkelpietz es sich sehr zu Herzen genommen hätte, daß man nicht gemeinsam mit ihm in den Teufelswald zurückkehren wollte.

Knollennase wusste keine Antwort, aber er versicherte den Bartenbiels, daß er sie verstand.

,,Was ist mit dir Knollennase, fragte nun Emil Bartenbiel. Wirst du in den Teufelswald zurückkehren?“

,,Ja, antwortete Knollennase. Ich werde mit Munkelpietz zurückkehren, denn ich habe ihn als wahren Freund kennen und schätzen gelernt.“

Nach diesem Gespräch ging man schlafen und Emil Bartenbiel verzichtete diesmal auf eine Nachtwache, obwohl ihn Knollennase mehrmals danach fragte.

Die Nacht war sehr hell und der Mond stand am Himmel. Das Haus der Bartenbiels lag in völliger Ruhe und Frieden. Aber kurz nach Mitternacht erklang ein ohrenbetäubendes Geheul und jemand kratzt an der Tür des Zwergenhauses.

,,Uuuhhh, Uuuuuh, Uuuh, Grrrrr!“

Munkelpietz war von dem Lärm als erster erwacht. Er kannte das Geheul. War das nicht der Wolf, den er vor drei Tagen aus der Falle befreit hatte?

,,Uuuuh, Uuuh, Uuuuhh!“
Schnell zog er sich an und begab sich an die Haustür, wo er beinahe mit Raane Bartenbiel zusammenstieß.

Er riss die Tür auf und der Wolf sprang in das Haus der Bartenbiels.

,,Ihr müsst flüchten, japste der Wolf nach Luft ringend. Ein Mann, namens Gork und eine Armee aus schrecklich aussehenden Kreaturen ist auf dem Weg hierher. Beeilt euch, sie können jeden Moment hier sein!“

Nun erschienen auch Knollennase und Emil Bartenbiel auf der Bildfläche.

,,Gork kommt!“ schrie ihnen der Wichtel entgegen.

Emil Bartenbiel sank auf die Knie.

,,Oh Gott, was sollen wir nun tun!“

Raane Bartenbiel war am ruhigsten geblieben. Er öffnete eine Falltür, die sich unter dem Teppich in der Küche des Zwergenhauses befand.

,,Uns bleibt nur die Flucht durch die unterirdischen Gänge,“ rief er seinem Bruder zu.

Eugen Balduin Munkelpietz hatte inzwischen seinen Rucksack geholt. Durch die Fenster des Zwergenhauses konnte man nun auf ein gewaltiges Meer aus Fackeln blicken und der Boden erzitterte unter vielen hundert Füßen.

,,Die Esel, schrie der Wichtel plötzlich auf. Ich muss noch Topper und Schnellläufer losbinden, damit sie flüchten können!“

Aber Raane Bartenbiel schubste ihn in Richtung der Falltür.
,, Lass mich das machen, steig du lieber schon mal in die Stollen hinab.“










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