Kapitel 21


21. Audienz bei der Elfenkönigin


Man hatte unsere drei Freunde nun in einen prächtigen Saal geführt, an dessen Ende sich ein Thron aus feinstem Gold befand, der mit zahlreichen Blumengebinden geschmückt war. Immer waren die beiden Elfen, die sie aus dem Verließ geholt hatten dicht hinter ihnen geblieben und hätten jederzeit mit ihren silbernen Schwertern zustoßen können. Hier, in diesem prächtigen Saal hatten sich nun viele Elfen versammelt, die sie mit verachtenden Blicken ansahen.

,,Was haben wir ihnen nur getan!“ wollte Munkelpietz wissen, aber eine der beiden Elfen, die für ihre Bewachung verantwortlich war, schob ihm ziemlich unsanft weiter. Dann wurde es ruhiger und Trompeten erschallten. Eine große Türe öffnete sich und eine Frau, die ganz in goldene Gewänder gekleidet war betrat den Raum, gefolgt von fünf ganz in rot gekleideten Leibwächtern. Auf dem Kopf trug die Frau eine Krone, die mit vielen Edelsteinen verziert war. Alles wurde still und andächtig, und viele der Elfen sahen ehrfurchtsvoll in ihre Richtung. Eine Stimme erklang:

 ,,Eure königliche Durchlaucht, Aladria die Dritte, gibt sich die Ehre!" Die Elfenkönigin stolzierte zu ihrem Thron und es schien, als würden ihre Füße dabei gar nicht den Boden berühren. Sie setzte sich. Knollennase, Munkelpietz und Emil Bartenbiel wurden nun ganz in ihre Nähe geführt. Ihnen wurde befohlen sich hinzuknien und zu schweigen.

Die Elfenkönigin musterte die drei lange und räusperte sich gelangweilt. ,,Ihr seid also die Eindringlinge, die versucht haben in mein Königreich zu gelangen. Und außerdem hat man bei einem von euch einen Beutel mit Elfenstaub gefunden, der mir vor Jahren gestohlen wurde!“ Munkelpietz hatte sich die Worte der Elfenkönigin angehört und wollte etwas zu seiner Verteidigung sagen. „Aber. . . !“

,,Schweig Zwerg! Ich werde euch drei mit den härtesten Strafen belegen, damit euer schändliches Tun, für alle Zeiten gesühnt sei!,,Aber, lassen sie uns . . .!“ Nun hatte Knollennase etwas sagen wollen, aber auch er wurde abrupt unterbrochen. ,,Ihr werdet in Birnbäume verwandelt, und sollt dann in meinen Garten stehen, wie all die anderen, die es gewagt haben, das Elfenreich zu betreten. Nun erklang eine andere Stimme und sie hörte sich wunderschön und ganz weich an. ,,Mutter, gib den drei Zwergen, doch wenigstens die Möglichkeit auch etwas zu ihrer Verteidigung zu sagen, bevor du sie in Birnbäume verwandelst!“

Munkelpietz hatte sich umgeschaut und sah eine wunderschöne Elfin, mit Haar, das wie Gold in der Sonne schimmerte, die durch ein großes Fenster in den Saal fiel. Die Elfenkönigin dachte einen Moment lang nach.

,,Nun gut, so soll es sein. Einer von euch darf nun reden!“ Knollennase war der erste, der die passenden Worte fand. ,,Eure Majestät, sagte er. Sicherlich sind wir in euer Land eingedrungen, aber es war die Flucht vor dem grausamen Zauberer Gork, die uns dazu veranlasste. Er ist schon seit geraumer Zeit auf der Jagd nach uns und er hätte uns sicherlich gefangen genommen oder gar getötet, wenn wir nicht in eurem Elfenwald Zuflucht gesucht hätten.“

Nun setzte lautes Gemurmel ein und zahlreiche Elfen, sahen die Gefangenen ein wenig freundlicher an. ,,So, so. Gork sagt ihr. Meine Grenzwächter aber, haben mir berichtet das ihr vor Wölfen geflüchtet seid!“

,,Ja, das stimmt, mischte sich nun Eugen Balduin Munkelpietz ein. Aber bei den Wölfen handelte es sich um Trolle, die sich verwandelt hatten. Sie gehören zu den bösen Mächten des Zauberers. Ich kenne sie noch von damals, aus dem Teufelswald!“ Das Gemurmel wurde lauter und die Stimmung schlug um. Die Elfenkönigin sah den Wichtel an. ,,Aus dem Teufelswald kommst du?“Munkelpietz nickte und strich sich über seine Wichtelstirn, wo nun ein paar Haarsträhnen unter seiner roten Zipfelmütze hervorlugten.

,,Ja, aus dem Teufelswald komme ich. Und mein Name ist Eugen Balduin Munkelpietz. Ich bin ein Wichtelmännchen! Meine beiden Freunde hier, haben auch im Teufelswald gelebt und wurden von Gork vertrieben. Ich bin der einzige, der nach Jahren in den Wald zurückgekehrt ist.“

 ,,Halt, halt. Erzählt mir die ganze Geschichte!“ Die Elfenkönigin befahl nun das man die beiden Zwerge und das Wichtelmännchen in ihre Privatgemächer führte. Dort wollte sie in aller Ruhe mit ihnen sprechen. Auch ihre Tochter Farina, sollte dabei anwesend sein.

Später saß man dann beieinander und die Elfenkönigin ließ Tee bringen. Munkelpietz erkannte in Farina, das schöne Elfenmädchen wieder, das ihnen ihre Verteidigung erst möglich gemacht hatte. Immer wieder musste er die Elfin anschauen, so überwältigt war er von ihrer Schönheit. Ihr Gesicht war zart und fein geschnitten, ihre braunen Augen strahlten Wärme und unermessliche Güte aus. Ach, sein kleines Wichtelherz, es schlug auf einmal wie wild und er fühlte sich stark und zufrieden.

Die Elfenkönigin ließ sich von den Freunden, die ganze Geschichte erzählen. Knollennase erzählte von den friedlichen Tagen aus dem Teufelswald. Von dem Tag, als Gork in den Wald kam um sie unter seine Knute zu zwingen und von der Flucht. Munkelpietz fuhr fort und berichtete davon, wie er wieder in den Teufelswald gelangte und wie er dann aufbrach um seine Zwergen und Wichtelfreunde von einst wieder zu finden. Er erzählte von dem Elfenstaub, von Brummelbatz, dem Müller, die Geschichte mit den Waisenkindern und alles andere was er auf seiner Reise zu Zwerg Knollennase erlebt hatte. Dann ergriff Knollennase wieder das Wort und sprach von dem ersten Zusammentreffen mit Gork, der Flucht durch die Wüste, von dem Zauberfisch und der kleinen Hexe. Zu guter Letzt, kam auch Emil Bartenbiel noch an die Reihe und berichtete wie Gork sein Haus überfiel und wie sie dann unter abenteuerlichen Umständen in das Elfenreich gelangten.

Die Elfenkönigin hatte während der ganzen Zeit schweigend dagesessen und ihnen zugehört. Tiefe Sorgenfalten hatten sich nun in ihre Stirn gegraben. Auch sie kannte den bösen Zauberer Gork, seit vielen Jahren. Er war es also damals gewesen, der ihr den Elfenstaub gestohlen hatte. Aber diese Sache rückte jetzt völlig in den Hintergrund.

Sie erinnerte an das Vermächtnis des gütigen Zauberers Zabuladus, der den Zwergen und Wichtel einst den Teufelswald überlassen hatte. Wie waren noch seine Worte gewesen:

,,Die Zeit ist dunkel, die Welt ist kalt,
doch draußen ganz fern im Teufelswald
da schützen die Wichtel und auch die Zwerge,
in ihrer Heimstatt umrahmt durch die Berge,
dein ganzes Glück, du Menschengeschlecht,
denn sie sind weise und gerecht.“

Knollennase und Munkelpietz staunten, als sie die Elfenkönigin, so reden hörten, aber sie fuhr fort.

,,Und wenn der letzte nicht mehr frei,
wenn dieser Tag gekommen sei,
kehrt dunkle Macht über die Erde,
damit sie bös´ und grausam werde.
Dann Mensch und Tier, bist du allein.
Qual, Leid und Pein, wird dein Schicksal sein.“
,,Was war das?“ Emil Bartenbiel hatte einen ganz roten Kopf bekommen. ,,Das war aus den Prophezeiungen des Zabuladus,“ antwortete die Elfenkönigin.

Munkelpietz schüttelte nun den Kopf, er hatte diesen Namen noch nie gehört

  ,,Zabu. . . , wer?“

 Nun erzählte ihnen die Elfenkönig die ganze Geschichte über den Zauberer Zabuladus und dessen Prophezeiungen. Munkelpietz wurde immer nervöser und auch Knollennase konnte es nicht fassen.
,,Dann will Gork uns also töten, weil er die Macht über die ganze Erde beansprucht,“ rief er aus und seine Stimme klang recht verzweifelt. ,,Ja, so ist es! Er will die Macht über alles und jeden. Ihr seid die letzten, die die Erfüllung der Prophezeiung verhindern können. Wenn er euch in seiner Gewalt hat, dann wird er zum König über die ganze Erde werden und alles Glück auf dieser Welt zerstören. Auch wir Elfen werden ihm dann schutzlos ausgeliefert sein!“

,,Das darf nicht geschehen,“  rief nun Munkelpietz aus. Die Elfenkönigin seufzte und entließ den Wichtel und die drei Zwerge dann in die Freiheit. ,,Ihr könnt euch im Elfenreich frei bewegen, sagte sie. Noch sind wir ein Schutzgarant für euch. Aber Gork wird nicht mehr lange warten, dann wird er versuchen uns anzugreifen, damit er euch in seine Hände bekommt.“

Knollennase hatte lange überlegt. ,,Es sei denn wir greifen ihn zuerst an und vernichten ihn und sein ganzes widerliches Zauberreich!“
Die Elfenkönigin schüttelte ihren Kopf. ,,Dazu bedarf es langer Vorbereitung und ich weiß auch nicht, ob ich wirklich das Leben meiner Elfenkrieger im Kampf gegen Gork opfern soll!

Sie fuhr ihrer Tochter, die die ganze Zeit nur schweigend dagesessen hatte durch das Haar und seufzte abermals. ,,Geht jetzt, Freunde. Ich brauche jetzt etwas Zeit um mir eine vernünftige Strategie zu überlegen
Später saßen Knollennase, Munkelpietz und Emil Bartenbiel dann in einem parkähnlichen Garten. Munkelpietz hatte nach Schnellläufer geschaut um sich davon zu überzeugen, daß es dem Esel gut ging. Dabei hatte ihm der Esel erzählt wie es ihm gelungen war aus dem Stall der Bartenbiels zu flüchten. Er berichtete auch, das Raane Bartenbiel wahrscheinlich zu Tode gekommen war, denn er hatte ihn bei dem Kampf gegen die Trolle zuletzt gesehen. Die Stimmung unserer drei Freunde war düsterer als je zuvor. Emil Bartenbiel konnte gar nicht so recht fassen, daß sein Bruder tot sein sollte, aber er war nicht fähig zu weinen. Immer wieder schüttelte er den Kopf. ,,Nein, das glaube ich einfach nicht!“

,,Hat einer von euch jemals von dieser Prophezeiung gehört,“  wollte Knollennase noch einmal wissen. Aber keiner antwortete ihm. ,,Das Ganze ist doch auch schon viele hundert Jahre her, sagte Emil Bartenbiel schließlich. Im Laufe der vielen Generationen wurde es wahrscheinlich vergessen!“ Eine weiß gekleidete Elfin erschien und brachte ihnen etwas zu essen. Die drei bedankten sich, aber der Hunger war ihnen vergangen und so blieb das Essen nahezu unberührt. Am Abend ließ die Elfenkönigin Aladria, die drei Freunde noch einmal zu sich rufen.

 ,Ich habe eine Entscheidung getroffen, teilte sie ihnen mit. Ich glaube Knollennase hat recht. Wir müssen Gork zuvor kommen und einen Angriff gegen sein Zauberreich wagen. Ich habe meine Krieger in Alarmbereitschaft versetzt und in zwei Tagen werden sie losschlagen!“ Munkelpietz schluckte. ,,Aber das bedeutet Krieg, rief er aus. Das wird vielen eurer Elfen das Leben kosten, und wer weiß ob am Ende nicht doch Gork siegen wird!“

,,Sicherlich hast du recht, Munkelpietz! Auch ich halte wenig von Krieg und Gewalt. Aber für die Freiheit und das Glück und die Zufriedenheit der nachfolgenden Generationen lohnt es sich zu kämpfen. Wir können das Böse nicht einfach ohne Gegenwehr über uns kommen lassen!“ Die Elfenkönigin schaute den Wichtel mit gütigen Augen an und dieser nickte. ,,Aber dann lasst mich mit euren Krieger mitkommen, denn es geht ja schließlich auch um meine Freiheit und um mein Glück!“ Knollennase und Emil Bartenbiel schlossen sich dem Wunsch des Wichtels an. Aber die Elfenkönig schüttelte ihr Haupt.

 ,,Nein zumindestens einer von euch muss hier bleiben, als letzte Chance, falls unser Angriff misslingt.“ Nun sahen sich Knollennase, Emil Bartenbiel und der Wichtel lange an. Keiner wollte zurückbleiben. Später wurden ihnen Zimmer zugewiesen, in denen sie schlafen sollten. Knollennase und Emil Bartenbiel gingen früh zu Bett, aber der Wichtel war viel zu aufgeregt um sich sofort schlafen zu legen. Also beschloss er noch einmal in den Garten zu gehen, wo sie bereits am Nachmittag gesessen hatten. Ein wenig frische Luft würde ihm vermutlich sehr gut tun.

Der Mond schien hell, die Luft war noch warm und sie war erfüllt von dem zauberhaften Duft, der Blumen und Bäume, welche hier wuchsen. Gerade wollte er sich in das grüne Gras setzen, da bemerkte er das er nicht allein war. Vor ihm tanzte eine Elfin im Gras und sang ein wunderschönes Lied. Sie hatte den Wichtel nicht bemerkt und er sah ihr ganz still zu. Voller Hingabe und Anmut bewegte sich die Elfin und es schien, als schwebte sie ein Stück über dem Boden. Nie hatte der Wichtel etwas schöneres und faszinierenderes gesehen. Plötzlich musste Munkelpietz niesen. ,,Hatschi!

 Die Elfin drehte sich zu ihm um und er erkannte daß es Farina, die Tochter der Elfenkönig war. Sie lächelte und kam auf den Wichtel zu. Der entschuldigte sich dafür, daß er sie bei ihrem Tanz gestört hatte und wollte aufspringen um nun doch zu Bett zu gehen. Aber die Elfin bat ihn da zubleiben.

,,Erzähl mir noch ein wenig von dir,“ flüsterte sie dem Wichtel zu. Der tat wie ihm geheißen und sie redeten fast die halbe Nacht miteinander. Immer wieder musste er sie dabei anschauen um sich ihre Schönheit und ihren Zauber genau einzuprägen. Sein Herz zersprang fast, wenn sie redete. Und er hätte ihr noch so vieles sagen wollen, aber er fand nicht die richtigen Worte. Darum schwieg er und sah sich nur noch ihr Gesicht an. ,,Was ist?“ Sie wurde nun rot. ,,Mmmh, weißt du. . .  eh, weißt du eigentlich, daß du wunderschön bist,“ stammelte Munkelpietz und sah verlegen zu Boden. Farina wollte etwas antworten, aber dann sprang sie auf und lief fort.  Munkelpietz hätte sich ohrfeigen mögen, aber nun war es zu spät.

 ,,Ach hätte ich das doch nur nicht gesagt,“ schalt er sich selbst und dann ging er ratlos zurück zum Schloss der Elfenkönigin um sich in seinem Zimmer schlafen zu legen. Am nächsten Morgen trafen sich Munkelpietz und Knollennase in Emil Bartenbiels Zimmer. Sie wollten sich entscheiden, wer von ihnen im Elfenreich bleiben sollte, während die anderen beiden mit den Elfenkriegern in den Kampf gegen Gork zogen. Aber man kam zu keiner Entscheidung. Schließlich holte Knollennase ein Stück Papier, zerriss es in drei gleiche Teile und malte mit einem Federkiel auf zwei der Zettel ein Kreuz, dann faltete er die Zettel zusammen und verdeckte sie mit seiner Hand  ,,Dann müssen wir eben losen, wer hier bleibt!“  rief er aus.
Munkelpietz und Emil Bartenbiel waren damit einverstanden. Jeder von ihnen nahm einen der Zettel und faltete ihn auseinander. Emil Bartenbiel fuhr enttäuscht auf. Er hatte den Zettel gezogen, auf dem sich kein Kreuz befand.

 Eugen Balduin Munkelpietz aber suchte in der Zwischenzeit das ganze Elfenschloss nach Farina ab, aber er fand sie nirgends. Schließlich war er des Suchens müde und schaute sich ein wenig im Reich der Elfen um. Er traf einige interessante Elfen, die ihm aufregende Geschichten erzählten und ihm köstliche Früchte anboten, die er nie zuvor gegessen hatte.
Später ging Knollennase zu Aladria, der Elfenkönigin um sie von ihrer Entscheidung in Kenntnis zu setzen. Sie war damit einverstanden, daß Emil Bartenbiel zurückbleiben würde ,,Mist, dann werde ich wohl hier bleiben müssen,“ murmelte er ein wenig enttäuscht.

Am Abend trafen sich Knollennase, Munkelpietz und Emil Bartenbiel noch einmal im Schlossgarten und sprachen lange Zeit über die bevorstehende Schlacht gegen den Zauberer Gork.






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