Kapitel 18

18. Gork greift an

Raane Bartenbiel war aus dem Haus geeilt um die Esel im Stall loszubinden, damit sie flüchten konnten. Gerade war er mit seiner Arbeit fertig geworden und hatte die Esel aus dem Stall getrieben, da traf er auf die bösen, grausamen Trolle. Mit fünf Trollen standen sie da, und hatten den Zwerg fest in ihren Blicken. Raane Bartenbiel ergriff in seiner Not eine Mistgabel, die an der Wand des Stalles stand. Ein heftiger Kampf entbrannte. Raane tötete zwei der elenden Trolle, bis er dann von einem Schwerthieb getroffen zu Boden sank. Er röchelte und stöhnte auf, als er Gork erblickte und dann schloss er für immer seine Augen.

,,Ihr Narren, schrie Gork die Trolle an. Ich sagte doch ich will sie lebend haben!“ Topper hatte auch kein Glück, drei der widerlich behaarten Trolle fingen ihn ein und dabei brach er sich eines seiner Vorderbeine. Nur Schnelläufer gelang die Flucht. Emil Bartenbiel, Knollennase und Munkelpietz warteten unterdessen immer noch unter der Falltür auf Raane. Aber er kam nicht, dafür hörten sie das Trampeln von vielen, vielen Füßen auf dem hölzernen Küchenfußboden.

,,Sie müssen hier sein, rief eine laute Stimme. Ich kann dieses dreckige Zwergengesindel regelrecht riechen!“ Einige Zeit später hatten die Trolle, die Falltür entdeckt und hätte Munkelpietz sie nicht noch rechtzeitig mit dem Sperrhaken versperrt, dann wären sie Gork ausgeliefert gewesen.

,,So jetzt kommt, rief Knollennase. Wir müssen weg!“ Emil Bartenbiel war nur noch ein Schatten seiner selbst. ,,Nein, wir müssen noch auf Raane warten!“ Munkelpietz schüttelte den Kopf und hatte Tränen in den Augen. Er umarmte Emil.

,,Ich glaube es ist zu spät. Gork hat ihn erwischt, als er die Esel befreien wollte!“ Emil Bartenbiel schlug um sich. ,,Nein! Nein!“

Nur mit langem, heftigen Zureden, gelang es Knollennase letztendlich Emil Bartenbiel zum Mitkommen zu überreden. Es wurde auch höchste Zeit, denn die Trolle waren gerade dabei die Falltür aufzubrechen. Emil Bartenbiel hatte eine Fackel entzündet und lief mit schnellen Schritten voraus, Knollennase und Munkelpietz folgten ihm dicht auf den Fersen.
Den Trollen war nun gelungen die Falltür aufzubrechen und sie waren dicht hinter ihnen. Knollennase hatte in einem der Gänge eine Axt gefunden und er war gewillt, jedem der sich ihm in den Weg stellte den Schädel zu spalten.
Immer tiefer führte Emil Bartenbiel sie in die unterirdischen Gänge und Stollen hinab und die Trolle blieben ihnen weiterhin dicht auf den Fersen. Schließlich gelangten sie an einen unterirdischen Fluss, der durch ein großes Gewölbe floss.

,,Diesen Platz haben wir vor fünf Jahren gefunden,“ keuchte Emil Bartenbiel und rang nach Luft. Knollennase nahm ihm die Fackel aus der Hand und sah sich um. In einer Seitenkammer des Gewölbes fand er ein paar große hölzerne Balken.

,,Kommt her,“ rief er zu Munkelpietz und Emil Bartenbiel herüber.

Die Trolle waren nun schon ganz nahe gekommen und man konnte schon den Schein ihrer Fackeln erblicken und ihr wütendes Kampfgeschrei hören.

,,Kommt endlich her,“ rief Knollennase noch einmal und diesmal gehorchten Munkelpietz und Bartenbiel.

,,Hier nehmt die Balken, sagte er als sie neben ihm standen. Und dann geht damit zu dem Fluss. Wenn ihr die Trolle euch entdecken, dann springt in die Fluten und haltet euch gut an den Balken fest. Das ist die einzige Rettungsmöglichkeit, die wir haben!“

Munkelpietz und Emil Bartenbiel taten, wie ihnen Knollennase aufgetragen hatte. Er folgte ihnen. Die Trolle hatten das Gewölbe inzwischen entdeckt und die drei Flüchtigen gefunden. Einer der Anführer lachte, als er sie mit den Holzbalken in den Händen sah. Wütend knurrte er und zeigte seine messerscharfen Zähne.

,,Greift sie euch Männer!“ schrie er die anderen Trolle an.

Diese bewegten sich nun langsam auf die Flüchtigen zu.

,,Springt!“ rief Knollennase und warf sich in die Fluten des unterirdischen Flusses.

Munkelpietz folgte ihm, nur Emil Bartenbiel hatte fürchterliche Angst und zögerte ein wenig. Aber schließlich nahm er all seinen Mut zusammen und sprang auch in das eiskalte Wasser. Die Trolle heulten nun voller Wut auf und stießen zahlreiche hässliche Flüche aus.

,,Springt ihnen nach,“ rief ihnen der Anführer zu, aber nur wenige gehorchten ihm, sprangen den Flüchtigen nach und ertranken jämmerlich in dem kalten Wasser. Einige andere warfen mit Speeren nach den im Wasser treibenden Zwergen und dem Wichtelmännchen. Aber sie trafen sie nicht.

Immer schneller wurden Knollennase, Munkekpietz und Emil Bartenbiel von den Wasserfluten fortgerissen in die finstere Dunkelheit. Krampfhaft hielten sie sich an ihren Holzbalken fest. Knollennase hatte bei seinem Eintauchen in die Fluten des Flusses eine ganze Menge Wasser geschluckt und rang nach Atem. Es dauerte eine ganze Weile, bis die Strömung ruhiger wurde.

,,Lebt ihr noch!“ rief Munkelpietz den beiden Freunden zu, aber die waren viel zu müde um zu antworten.

Der Fluss endete in einem riesigen unterirdischen See, von wo aus er sich in Form eines Wasserfalls den Weg aus dem Berg suchte. Das Licht des anbrechenden Morgens, welches durch eine kleine Öffnung fiel spendete ein wenig Licht. Rings um den See erstreckte sich ein Felsenufer, auf dieses hatten sich unsere drei Freunde gerettet. Sie klapperten mit ihren Zähnen und froren entsetzlich, denn das Wasser war eiskalt gewesen. Munkelpietz durchsuchte seinen Rucksack nach etwas Trockenem, aber alles war klitschnass. Außer dem Elfenstaub, der erstaunlicher Weise keinen Schaden genommen hatte.

,,Wir müssen hier raus, wenn wir nicht erfrieren wollen,“ sagte Emil Bartenbiel, der vor Kälte schon ganz blau angelaufen war.

,,Ja, du hast Recht, und unsere einzige Möglichkeit ist der Wasserfall,“ gab ihm Knollennase Recht.

Schlotternd vor Kälte und nass bis auf die Knochen machten sich die Drei nun auf, zu der Stelle wo der Wasserfall aus seinem unterirdischen Reservat entsprang. Der Boden wurde immer glitschiger und um ein Haar wäre Munkelpietz gestürzt, aber Emil Bartenbiel bekam ihn gerade noch zu fassen. Sie kamen an einen Vorsprung, der sich genau über dem Wasserfall befand. Von hier bot sich ihnen eine großartige Aussicht. Man konnte einem großen Wald erblicken, und fruchtbares Land ringsherum.

,,Das ist das Land “ Mannox “, rief Emil Bartenbiel aus. Und hinter dem Wald zwei Tagesmärsche entfernt, beginnt das Reich der Elfenkönigin Aladria.

,,Das ist ja ganz schön, merkte Knollennase an. Aber wie kommen wir da runter!“

Mit einer Handbewegung deutete er nach unten. Munkelpietz sah nun auch nach unten, mit einem Mal spürte er seine Höhenangst wieder ganz deutlich, denn es ging an die sechzig Meter steil hinab.

,,Ich habe ein Seil in meinem Rucksack, flüsterte er. Vielleicht können wir uns damit ein Stück weit abseilen.“

Er wühlte in seinem Rucksack und reichte Knollennase das Seil.

,,Pah, das sind ja höchstens dreißig Meter,“ sagte dieser enttäuscht.

Nun hatte sich Emil Bartenbiel ein wenig nach unten gebeugt um den Abgrund besser zu sehen.

,,Auf halber Höhe ist noch ein Vorsprung. Vielleicht schaffen wir es bis dorthin!“ rief er Knollennase zu.

Gork hatte inzwischen von der geglückten Flucht erfahren. In rasender Wut hatte er den Trollen nun befohlen, das Haus der Bartenbiels anzuzünden. Vorher hatte er aber noch alles Gold, welches er finden konnte an sich genommen. Mit wirren Augen blickte er in die Flammen des Feuers, die das Haus nun Stück für Stück auffraßen.

,,Bei allen teuflischen Dämonen, rief er immer wieder aus. Wann wird es mir endlich gelingen diese Zwergenbrut auszulöschen?“

Achtzehn Trolle hatten bei seinem Versuch die Zwerge und den Wichtel gefangen zu nehmen ihr Leben eingebüßt, aber das interessierte ihn recht wenig. Immer wieder blickte er auf den toten Raane Bartenbiel, den man nun auf eine Bahre gelegt hatte.

,,Wenigstens einen habe ich ja bekommen!“ Er lachte höhnisch auf.

Munkelpietz, Knollennase und Emil Bartenbiel hatten inzwischen mit viel Geschick und ungeahnten kletterischen Fähigkeiten den Felsvorsprung erreicht, der sich etwa dreißig Meter über dem Erdboden befand. Aber leider konnten sie das Seil nicht mehr lösen, welches sie oben an einem dicken Stein festgebunden hatten.

,,Ich werde wieder hinauf klettern und es lösen,“ sagte Knollennase, als er wieder zu Kräften gekommen war.

,,Nein, das tust du nicht, schrie Munkelpietz nun auf. Das würde deinen sicheren Tod bedeuten!“

,,Aber was sollen wir sonst tun?“ mischte sich nun Emil Bartenbiel ein.

Die Sonne schien jetzt kräftig und die Kleidung unserer drei Helden war nach einiger Zeit getrocknet. Aber ihre Lage war immer noch hoffnungslos. Plötzlich sah Munkelpietz einen Falken in der Luft. Mit Leibeskräften rief er nach dem Falken und dieser hörte die Rufe des Wichtels und kam langsam näher.

,,Was willst du! Und warum sprichst du meine Sprache?“

,, Ach Falke, daß ist eine lange Geschichte, wir sind in einer verzweifelten Lage und ich kann sie dir jetzt nicht erzählen! Könntest du uns bitte helfen und unser Seil dort oben am Wasserfall mit deinem starken Schnabel durchtrennen. Wir bekommen es nicht wieder los.“

Der Falke überlegte einen Moment und dann flog er hoch zum Wasserfall um die Lage zu erkunden. Emil Bartenbiel sah den Wichtel an, als würde er ihn für verrückt erklären wollen, aber Knollennase beruhigte ihn.

,,Munkelpietz spricht die Sprache der Tiere. Wir konnten das einst auch, als wir noch im Teufelswald lebten, weißt du noch? Aber inzwischen haben wir anscheinend diese Kunst verlernt und vergessen!“

Es dauerte eine ganze Weile, aber dann fiel das Seil wie von Geisterhand herab. Der Falke erschien wieder und flog dicht in die Nähe des Wichtels.

,,Es hat ein wenig gedauert, aber dann habe ich es doch geschafft!“

Munkelpietz war dem Falken sehr dankbar und auch Emil Bartenbiel lachte nun.

,,Danke Falke, du hast uns sehr geholfen,“ rief der Wichtel.

,,Das habe ich gern gemacht, wann trifft man schon auf einen Zwerg, der die Falkensprache spricht,“ antwortete der Falke und flog davon.

,,Ich bin ein Wichtelmännchen und kein Zwerg!“ rief ihm Munkelpietz nach.

Und dann lachte auch er mit heller Stimme auf.

Nun konnte Knollennase das Seil wieder an einen Felsstein binden und einer nach dem anderen gelangte sicher hinab auf den Erdboden. Nachdem sie es geschafft hatten, tanzten sie kurz ausgelassen herum und freuten sich wie die Kinder, daß sie Gork noch einmal entkommen waren.

,,Schade, daß Raane es nicht geschafft hat,“ flüsterte Emil Bartenbiel plötzlich und sie wurden ruhig und nachdenklich.

,,Ich hoffe er lebt noch!“ sagte Munkelpietz schließlich und Emil nickte.

,,Ja, das hoffe ich auch.“

Dann beschlossen sie, daß sie sich auf den Weg ins Elfenreich machen wollten, denn nur dort wären sie halbwegs vor Gork und seinen Trollen sicher.

Gork saß vor seiner Kristallkugel, aber sie gab ihm keine Auskunft über den Aufenthaltsort der Zwerge und des Wichtels. Er überlegte kurz, ob sie vielleicht tot waren, aber bei all dem Glück, das sie bisher gehabt hatten war das sehr unwahrscheinlich. Also verwandelte er sich wieder in den alten, schwarzen Raben, um nach ihren Spuren zu suchen.

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